Die in diesem Artikel vorgestellte Rezeptur regt die Darmperistaltik an, indem sie einer Trockenheit im Bereich von Magen, Dünn- und Dickdarm entgegenwirkt. Diese Wirkung wird durch süße, thermisch neutrale Kräuter erzielt. Die im Bereich des Darmes nährend wirkenden Kräuter können zur Behandlung von Verstopfung eingesetzt werden; und zwar speziell bei Kindern, bei alten und geschwächten Menschen oder während eines fieberhaften Infektes.
Ma zi ren wan (Pille mit Semen Cannabis) gegen Ostipation
- Semen Cannabis (Huomaren) 12 g Kaiserkraut
- Rdx. Paeoniae alba (Baishaoyao) 6 g Ministerkraut
- Fructus Aurantii immaturus (Zhishi) 5 g Polizeikraut
- Rdx. et Rhz. Rhei (Dahuang) 4 g Polizeikraut
- Cortex Magnoliae officinalis (Houpo) 4 g Polizeikraut
- Semen Armeniacae (Xingren) 5 g Ministerkraut
Wirkung:
Befeuchtet den Darm, beseitigt Hitze und bewegt das Qi.
Indikation:
Verstopfung, wobei der Stuhl hart ist; erschwerter Stuhlgang sowie häufiges Wasserlassen.
Entsprechende westliche Krankheitsbilder:
Obstipation (Verstopfung), auch postpartum (nachgeburtlich) und postoperativ (nach Operationen) sowie Hämorrhoiden.
Zunge: trockener, gelber Belag.
Puls: oberflächlich (fu) und schnell (shuo), oder auch tief (chen).
Beschreibung der klassischen TCM-Rezeptur:
Die Rezeptur „Ma zi ren wan“ ist dem Werk Shang han lun entnommen. Sie kann zur Behandlung von Verstopfung (Ostipation) eingesetzt werden, und zwar immer dann, wenn ein harter Stuhl in Kombination mit häufigem Wasserlassen, einem trockenen, gelben Zungenbelag sowie einem tiefen (chen) oder oberflächlichen (fu) und schnellen (shuo) Puls vorliegt. Die soeben angeführten Symptome resultieren aus einer Trockenheit im Bereich von Magen, Dünn- und Dickdarm, die durch Hitze verursacht wurde. Wenn Hitze und Trockenheit im Bereich des Magens vorliegen, so führt dies zu einer Verletzung der Säfte im Bereich der Milz, welche dadurch nicht mehr in der Lage ist, die Extremitäten mit Flüssigkeit zu versorgen. Stattdessen „sickern“ die verbleibenden Körpersäfte in den Bereich der Blase und führen zu häufigem Wasserlassen. Dies hat zur Folge, dass im Bereich des Darmes eine Trockenheit entsteht. Verstopfung mit einem harten Stuhl in Kombination mit einem erschwerten Stuhlgang sind die Folge. Der trockene, gelbe Zungenbelag spiegelt die Hitze und den Mangel an Körpersäften im Inneren des Körpers wider.
Zur Analyse der einzelnen Kräuter der Rezeptur:
Das Kaiserkraut der Rezeptur ist Semen Cannabis (Huomaren). Dieses wirkt befeuchtend im Bereich des Darmes und erleichtert somit den Stuhlgang. Das erste Ministerkraut, Semen Armeniacae (Xingren), hat eine nach unten gerichtete Bewegungsrichtung und befeuchtet ebenfalls den Darm. Rdx. Paeoniae alba (Baishao), das zweite Ministerkraut, nährt das Yin und wirkt harmonisierend im Inneren des Körpers. Bei den folgenden Kräutern handelt es sich um Polizeikräuter: Fr. Aurantii immaturus (Zhishi) löst Stagnationen speziell im Bereich des Darmes auf. Ctx. Magnoliae officinalis (Houpo) wirkt Stagnationen im Bereich des Mittleren Erwärmers entgegen, Rx. et Rhz. Rhei (Dahuang) ist ein Purgativ.
Die soeben beschriebene Rezeptur wurde im Shan han lun als Pille (chin. „wan“) zubereitet verschrieben. Diese Pille wurde mit Honig zubereitet. In diesem Zusammenhang wurde Honig verwendet, um den Darmbereich zu befeuchten. Da die Rezeptur „Ma zi ren wan“ drastisch abführende Kräuter enthält, sollte sie nur mit äußerster Vorsicht bei geschwächten Menschen sowie bei Verstopfung, die aus einem Blut-Mangel resultiert, eingesetzt werden. In einer Schwangerschaft ist die Rezeptur „Ma zi ren wan“ kontraindiziert.
Entsprechende Rezeptur aus westlichen Kräutern:
- Radix Althaeae Eibischwurzel 8 g Kaiserkraut
- Folium Malvae Käsepappel 8 g Ministerkraut
- Folium seu Flos Tussilaginis Huflattich 5 g Ministerkraut
- Herba Stellaria media Vogelmiere 5 g Ministerkraut
- Radix Paeoniae alba weiße Pfingstrosenwurzel 6 g Ministerkraut
- Pericarpium Citri reticulatae Mandarinenschalen 5 g Polizeikraut
- Rdx. et Rhz. Rhei Rhabarberwurzel 4 g Polizeikraut + Botschaftskraut
Beschreibung der Rezeptur aus westlichen Kräutern:
Die süße, thermisch kühle Eibischwurzel (Rdx. Althaea) dient als Kaiserkraut dieser Rezeptur. Sie wirkt befeuchtend im Bereich des Dickdarmes und kann in Kombination mit den folgenden Kräutern verwendet werden, um Verstopfung entgegenzuwirken. Die Kräuter Käsepappel (Folium Malviae), Huflattich (Folium seu Flos Tussilaginis), Vogelmiere (Herba Stellaria media) und Pfingstrosenwurzel (Rdx. Paeoniae alba) dienen als Ministerkräuter. Käsepappel (Folium Malvae) ist süß, thermisch kühl und wirkt nährend im Bereich des Dickdarmes, zusätzlich senkt Käsepappel (Folium Malvae) das Lungen-Qi ab und wirkt Schleim-Stagnationen entgegen. Huflattich (Folium seu Flos Tussilaginis) nährt das Dickdarm- und Lungen-Yin und kann eingesetzt werden, um das Abhusten von festgesetztem Schleim zu unterstützen. Vogelmiere (Herba Stellaria media) ist ein Yin-Tonic, das gegen trockene Hitze im Bereich des Dickdarmes eingesetzt werden kann. Die weiße Pfingstrosenwurzel (Rdx. Paeoniae alba) nährt das Leber-Blut und kann aus diesem Grund gegen trockene Verstopfung (Ostipation) eingesetzt werden. Mandarinenschalen (Pericarpium Citri ret.) lösen Stagnationen im Bereich des Verdauungstraktes auf. Sie dienen gemeinsam mit der Rhabarberwurzel (Rdx. et Rhz. Rhei) als Polizeikräuter der Rezeptur. Rhabarberwurzel (Rdx. et Rhz. Rhei) kann gleichzeitig als Botschaftskraut für den Bereich des Dickdarmes angesehen werden.[divider][/divider]
Literaturempfehlung:
Ploberger, F. (2017) Westliche und traditionell chinesische Heilkräuter, Schiedlberg: Bacopa.
>> Hier gelangen Sie zum Buch von Florian Ploberger Westliche und traditionell chinesische Heilkräuter
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Dr. med. Florian Ploberger, B.Ac., MA, TCM-Arzt, Tibetologe, Fachbuchautor. Internationale universitäre und interdisziplinäre Lehrtätigkeit und zahlreiche Publikationen in den Themenbereichen Tibetische Medizin und TCM. Präsident der Österreichischen Ausbildungsgesellschaft für Traditionelle Chinesische Medizin (ÖAGTCM).
Mehrere Bücher veröffentlicht. (Schwerpunkte: Westliche Kräuter aus Sicht der TCM sowie Tibetische Medizin). Von der Direktion des Men-Tsee-Khang (Institut für Tibetische Medizin und Astrologie in Dharamsala, Nordindien) mit der Übersetzung der ersten beiden und des letzten Teils des bedeutendsten Werkes der Tibetischen Medizin (rgyud bzhi) beauftragt. Weitere Informationen finden Sie unter www.florianploberger.com