Acht außerordentliche Gefäße in der traditionellen chinesischen Medizin
Ein geschichtlicher Überblick:
Die Acht Wundermeridiane oder Qi Jing Ba Mài werden im Lìng Shu und Sù Wèn beschrieben. Diese sind Teile des Klassikers Der Gelbe Kaiser der Inneren Medizin – Huàng Dì Nèi Jing. Wobei die Darstellungen der außerordentlichen Meridiane noch nicht sehr eindeutig und klar sind.
Das Nàn Jing bietet eine etwas systematischere Abhandlung über die Wundermeridiane.
Xu Feng beschrieb im Zhen Jin Dà Quàn umfassend und vollständig die acht außerordentlichen Gefäße. Erstmals werden die Wundermeridiane zu vier Paaren gekoppelt – Chong Mài und Yin Wèi Mài, Du Mài und Yàng Qiao Mài, Ren Mài und Yin Qiao Mài, Dài Mài und Yàng Wèi Mài – mit den acht zugehörigen Meisterpunkten. Darüber hinaus entwickelte Xu Feng die Lehre von der magischen Schildkröte Ling Gui Ba Fa. Sie stellt die zeitlichen Schwankungen des Qi-Flusses in den Qi Jing Ba Mai dar.
Lì Shì Zhen (ein chinesischer Pharmakologe) verfasste das Qì Jing Ba Mai Kao, in welchem er typische Pulsbefunde bei Störungen der acht außerordentlichen Gefäße und Behandlungsmöglichkeiten mit Kräutern angibt. Zu einem späteren Zeitpunkt der Ming-Dynastie beschrieben Yàng Jì Zhou, Zhen Jìu Dà Chèng und Zhang Jiè Bin, Lèi Jing genaue Behandlungsmethoden der Wundermeridiane und acht Meisterpunkte; deren alleinige Verwendung, die Kombination mit gekoppelten Meisterpunkten oder anderen Punkten.
In neuerer Zeit beschäftigen sich in Japan Akupunkteure wie Manaka und Ito mit den acht außerordentlichen Gefäßen, wobei sich die Verläufe einiger der Wundermeridiane in den japanischen Darstellungen deutlich von denen der chinesischen unterscheiden. In vielen japanischen Systemen werden beim Yàng Wèi Mài und Yin Wèi Mài sowie beim Yàng Qiao Mài und Yin Qiao Mài sehr unterschiedliche Kreuzungspunkte mit den zwölf Organmeridianen und Du Mài und Rèn Mài angegeben. Beide Verlaufsformen haben ihre Wirksamkeit, wobei die Wirkungsweise ähnlich aber nicht identisch ist.
Kurzübersicht der Acht Wundermeridiane:
(zitiert aus: Kirschbaum, Die 8 außerordentlichen Gefäße in der traditionellen chinesischen Medizin)
Du Mai:
In den Verschiedenen klassischen Schriften der chinesischen Medizin gibt es zahlreiche Diskussionen über den Ursprung dieses Gefäßes. So heißt es im Su Wen, Kap. 60: Der Du Mai hat seinen Ursprung im unteren Teil des Abdomens, nämlich im Zentrum des Schambeins. Bei Frauen zieht er zur Scheide, über das Luo-Gefäß um die Scheide herum, fließt weiter zu Ren 1 und von dort zu Du 1. Beim Mann zirkuliert der Du Mai um den Stamm des Penis herum, zieht von dort aus zu Ren 1 und weiter zu Du 1. Von hier aus nehmen weitere innere und äußere Verläufe ihren Ausgang.
Im Nan Ching, schwierige Fragen heißt es dagegen ganz schlicht, dass der Du Mai seinen Ursprung im Punkt Du 1 hat und von dort aus weiter zu Du 16 zieht.
Von Du 1 verläuft der Du Mai über die Wirbelsäule zu Du 16, dringt hier in das Gehirn ein und fließt weiter zum Vertex und zu Du 20. Er zieht dann weiter über die Stirn zur Nasenspitze bis zum Philtrum und beendet seinen oberfälchlichen Verlauf bei Du 28 im Frenulum der Oberlippe.
Ren Mai:
Auch hier herrscht Uneinigkeit, was den Ursprung dieses außerordentlichen Gefäßes angeht: Im Kapitel 60 des Su Wen und im Nan Ching heißt es, der Ren Mai habe seinen Ursprung bei Ren 3. Nach dem Ling Shu (Kapitel 65.4) beginnt er im unteren Becken bzw. im Uterus. Nach Nguyen Van Nghi entspringt der Ren Mai in den Nieren und zieht von dort zu den Urogenitalorganen. Einigkeit besteht aber darüber, dass der Ren Mai bei Ren 1 an die Oberfläche komt. Von dort aus zieht er entlang der vorderen Mittellinie des Körpers über die Schamhaare zum Bauchnabel Ren 8, verläuft dann weiter über den Bauch und den Brustkorb zur Kehle Ren 23, von dort aus weiter zum Kinn und beendet seinen oberflächlichen Verlauf schließlich bei Ren 24.
Chong Mai:
Auch über den Beginn des strategischen Gefäßes Chong Mai existieren verschiedene Angaben. Sowohl im Su Wen (Kap. 60), als auch im Nan Ching wird Ma 30 als Anfangspunkt beschrieben. Dies wird bestätigt von M. Porkert. Im Kap. 65 des Ling Shu heißt es, dass der Chong Mai seinen Ursprung im Uterus hat. Im Kap. 62 wird dagegen die Meinung vertreten, der Chong Mai beginne seinen Verlauf in den Nieren. dieser Auffassung, die auch von Nguyen Van Nghi und G. Maciocia geteilt wird, möchte ich mich anschließen. Von den Nieren aus fließt der Chong Mai in die Genitalregion. Die vor der linken und der rechten Niere entspringenden Gefäße vereinigen sich bei Ren 1 und teilen sich dann in Haupt- und Nebenverläufe.
Dai Mai:
Der Begriff „Dai Mai“ bedeutet Übersetzt soviel wie „Gürtelgefäß“ und verweist auf den topografischen Verlauf dieses außerordentlichen Gefäßes. Der Dai Mai entspringt am freien Ende der 11. Rippe am Punkt Le 13. Von dort aus fließt er weiter zu Gb 26 und umkreist dann die Taille wie ein Gürtel. Mit dem vorderen Teil seiner Bahn erreicht er den Bauch und verbindet sich mit Gb 27 und Gb 28, der hintere Teil zieht über den Lendenwirbelbereich.
Yin Qiao Mai:
Der Yin Qiao Mai beginnt bei Ni 2, fließt weiter zu Ni 6 und Ni 8, verläuft an der Innenseite des Beines nach oben und dringt in den Genitalbereich ein. Von hier aus zieht er tief durch den Bauch-/Brustraum bis zu Ma 12, vereinigt sich mit Ma 9 und zieht schließlich über das Gesicht zu Bl 1. Es heißt, dass der Yin Qiao Mai von Bl 1 den Pfad des Yang Qiao Mai benutzt, um so zum äußeren Knöchel des Fußes zu gelangen und dort in den Blasenmeridian einzutreten. Von hier aus fließt seine Energie weiter über das transversale Luo-Gefäß der Blase von Bl 58 zu Ni 3, von wo aus er zu Ni 6 zieht, um seinen Kreislauf erneut zu beginnen.
Yang Qiao Mai:
Der Yang Qiao Mai geht vom Hauptmeridian der Blase aus. Er beginnt bei Bl 62, zieht zu Bl 61 und dann zu Bl 59. Über die Außenseite des Beines zieht er weiter zu Gb 29, läuft über die Seite des Körpers zu Dü 10 und von dort weiter zu Di 15 und Di 16. Seitlich am Hals entlang verläuft er weiter zu Ma 4, Ma 3, Ma 1 und erreicht von da aus Bl 1, wo er sich mit dem Yin Qiao Mai verbindet. Von hier aus zieht er über die Stirn zu Gb 20, wi sein Verlauf endet. Wenn der Yang Qiao Mai Bl 1 erreicht hat, benutzt er die Bahn des Yin Qiao Mai, um zum inneren Knöchel und damit zum Nierenmeridian zu gelangen. Von dort aus fließt seine Energie über den transversalen Luo-Meridian von Ni 4 zu Bl 64 und von dort aus zu Bl 62, um seinen Kreislauf von neuem zu Beginnen.
Yin Wei Mai:
Der Yin Wei Mai hat seinen Ursprung im Hauptmeridian der Nieren und beginnt bei Ni 9, fließt von dort aus über den Oberschenkel zu Mi 13 und verbindet sich bei Mi 15 und Mi 16 mit dem Hauptmeridian der Milz. Er zieht seitlich weiter über die Rippen zu Le 14, über die Brust zu Ren 22 und endet bei Ren 23. Das Besondere an diesem außerordentlichen Gefäß ist, dass es nicht von oben nach unten und vice versa verläuft, sondern von außen nach innen. Dies kann man an seinem Verlauf nachverfolgen. Über Pc 6 besteht eine äußere/innere Beziehung zum San-Jiao-Meridian. Über den Luo-Meridian wird eine Verbindung zu SJ 5 hergestellt. SJ 5 ist der Öffungspunkt für das außerordentliche Gefäß Yang Wei Mai, das alle Yang-Meridiane miteinander verbindet.
Yang Wei Mai:
Während der Yin Wei Mai durch seinen Verlauf alle Yin-Meridiane miteinander verbindet, so steht der Yang Wei Mai mit allen Yang-Meridianen in Beziehung. Er beginnt bei Bl 63, zieht zu Gb 35, steigt an der Außenseite des Beines zu Gb 29, um von dort über die Flanke zu fließen, sich an der Schulter mit Dü 10 zu vereinigen und über SJ 15 zu Gb 21 zu ziehen. Von hier aus steigt er am Hals empor, hinter dem Ohr vorbei und gelangt so zur Stirn, wo er sich mit Gb 13 verbindet. Er folgt dann dem Gallenblasenmeridian, zieht von Gb 14, über Gb 15, Gb 16, Gb 17, Gb 18, Gb 19 bis zu Gb 20 und verbindet sich schließlich mit Du 16 und Du 15.
Deutsche Bücher zu den Acht Wundermeridianen:
Kirschbaum, Die 8 außerordentlichen Gefäße in der traditionellen chinesischen Medizin
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Eckert, Acht Wundermeridiane
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Lorenzen, Mikrikosmische Landschaften Band 1
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Lorenzen, Mikrokosmische Landschaften Band 2 (das Buch ist mittlerweile vergriffen)
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Englische Bücher zu den außerordentlichen Gefäßen:
Larre/Rochat de la Valleé, The Eight Extraordinary Meridians
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Matsumoto/Birch, Extraordinary Vessels
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Shima/Chace, The Channel Divergences (vergriffen)
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Chace/Shima, An Exposition on the Eight Extraordinary Vessels
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Spezialist für Fachbücher aus Akupunktur, Traditioneller Chinesischer Medizin, Qigong, Naturheilverfahren, Homöopathie und Physiotherapie. Jährlich auf vielen, wichtigen Kongressen wie der TCM-Kongress in Rothenburg, dem ASA-Kongress und dem Tao-Kongress in Österreich vertreten. Seit Jahren Verlagsleiter eines Verlages für TCM, Akupunktur und Homöopathie.