Naturmed Nlog - Therapeuten Fachbuchblog

Grundsätzliches über Hashimoto

hashimoto
Diagnose: Hashimoto und wie man diese behandelt.

Ungefähr bis vor 25 Jahren galt (vor allem Süd-) Deutschland als Jodmangelgebiet, also als ein potenzielles “Kropfgebiet” mit recht häufigen manifesten Zeichen der Schilddrüsen-Unterfunktion. Es wurden Schilddrüsenhormone verabreicht. Zudem wurde seit 1984 offiziell die flächendeckende Jodierung von Speisesalz empfohlen.

Seit ca. 15 Jahren gilt jedoch eine andere These: Eine Hashimoto-Thyreoditis führt langfristig zur Hypothyreose. Um diese zu vermeiden wird von vornherein L-Thyroxin als Dauermedikation verordnet.

Was ist Hashimoto-Thyreoiditis

Autoimmunerkrankung der Schilddrüse, welche sich als chronisch lymphozytäre Thyreoiditis mit Hypothyreose u. Autoantikörpern gegen schilddrüsenspezifische Antigene (TPO-AK, Tg-AK) manifestiert. Die Erkrankung ist mit HLA-DR3, HLA-DR5 und HLA-B8 assoziiert, sie kann gemeinsam mit anderen Autoimmunerkrankungen auftreten (z.B. atrophische Gastritis mit perniziöser Anämie, thrombozytopenische Purpura, Addison-Krankheit, Diabetes Typ 1 etc.). Es besteht eine familiäre Prädisposition. (zitiert nach Roche Lexikon Medizin)

Autoimmunerkrankungen – Überlastung oder Schwäche?

Therapeutisch von größter Bedeutung ist die Frage, ob das System gekräftigt oder entlastet werden muss. Ist es irritiert und verausgabt durch die heutige Welt mit zu viel (künstlichen) Stoffen und Energien, Informationsflut, Überforderung? Die Konsequenz wären Vermeidungsstrategien, also Entsagung, Diäten, Fasten, Zufuhr von „Light”-Produkten bzw. „…-frei” Nahrungsmitteln (frei von Gluten, Zucker, Aromen, Fett …) – mit der möglichen Konsequenz, über die Jahre in einen nicht absehbaren Mangelzustand zu geraten.

Es ist aber auch möglich, dass unsere Verarbeitungsfähigkeit hierfür nicht gewappnet ist, dass aus TCM-Sicht Milz und Magen zu schwach sind, so dass unerlässliche Formen von Qi („Vitalstoffe”, „Nährstoffe”) nicht aufgenommen werden können, egal wie viel von außen – z.B. über Ernährungsstrategien – zugeführt wird. Hier wäre die Konsequenz: Stärkung von innen her, Verbesserung der Qi-Versorgung des „Innenlebens”, also der Motilität, der Resorption und des Stoffwechsels. Substanziell, seelisch und geistig …

Oder sind die Abwehr- und Reinigungsfunktion überfordert und blockiert? Dann hätten erste Priorität die Ausleitung und Ableitung der möglicherweise in Jahrzehnten angesammelten „Altlasten” der pathogenen Energien! Angebracht sind solche Strategien bei Allergien, d.h. eine Fehl-Reaktion des Organismus auf fremde Stoffe.

Etwas anderes findet statt bei Autoimmunerkrankungen wie der Hashimoto-Thyreoditis und dem M. Basedow. Hier reagiert das fehlgesteuerte Immunsystem auf körpereigene Stoffe. In der Folge kommt es zu einer Entzündung von Gewebe (Schilddrüse z.B.) und in der Folge zu einer Stillegung der Funktionsfähigkeit. Bei Autoimmunerkrankungen haben wir es mit einem „Dauerbrenner“ zu tun – ein Prozess, der durch verschiedenste Einflüsse wie nicht ausgeheilte Infekte, toxische Belastungen aus der Umwelt oder auch genetische Faktoren bedingt wurde. Das können sein:

  • Zigarettenrauch
  • polychlorierte Biphenyle (z.B. Weichmacher)
  • Lösungsmittel
  • Infektionskrankheiten (z.B. EBV, Zoster, Herpes, Hepatitis C)
  • Medikamente
  • genetisch prädisponierte Patienten (familiäre Häufung)
  • exzessiver Jodkonsum (Nahrungskette)
  • Selenmangel
  • Umweltfaktoren (Nanopartikel, Feinstaub?)
  • Stress
  • Geburt

Eine Stärkung des Systems, wie bei Allergien in der symptomfreien Zeit ist hier dann nur mit größter Vorsicht angebracht!

Der Befund Hashimoto und das Befinden unserer Patientinnen

Wir finden hier eine enorme Diskrepanz zwischen Befund und Befinden. Beim „Hashimoto“ handelt es sich um einen entzündlichen Prozess, der Symptome/Auswirkungen haben kann oder aber auch nicht. Konkret heißt das, es gibt pathologische Laborbefunde, wie einen erhöhten TSH-Wert oder Hinweise auf Schilddrüsen-Antikörper, die jedoch …

  • keine klinischen Symptome nach sich ziehen müssen
  • auf Autoimmunprozesse in anderen Bereichen hinweisen – die Schilddrüsen-Antikörper sind nicht zwingend schilddrüsenspezifisch (Diabetes Typ I, Vitiligo, Colitis, Lupus, PCP, Myasthenia gravis, Sarkoidose etc.)
  • initial und akut in seltenen Fällen eine hyperthyreote oder langfristig eine hypothyreotische Stoffewechsellage auslösen können
  • nicht zwingenderweise eine Behandlung mit L-Thyroxin u.a. nach sich ziehen müssen.

Bei Frauen wird diese Diagnose übrigens fünfmal häufiger als bei Männern gestellt.

Zur Erinnerung: Die Schilddrüse wird durch die Hypophyse gesteuert. Das TSH steigt an, wenn die Ausschüttung von Schilddrüsenhormonen für eine normale Stoffwechselfunktion nicht mehr ausreichend ist bzw. wenn die Rezeptoren in den Körpergeweben nicht mehr ausreichend auf die Hormone ansprechen. Die tatsächliche Effektivität der Schilddrüsenfunktion wird durch die Messung von fT3, fT4 festgestellt. Die Antikörper, die den Entzündungsprozess signalisieren, heißen TAK, MAK und TRAK….

TCM-Behandlung bei Hashimoto

Es ist nicht schwer, die eben aufgeführten zur Diskussion stehenden Auslöser für die Hashimoto-Threoditis nach den Kriterien der TCM zuzuordnen. Es gibt Fülle- und Leerezustände, toxische Beeinflussungen, verbliebene pathogene Faktoren und Auswirkungen emotionaler Belastungen.

Die Diagnose erfolgt in der TCM – anders als in der westlichen Medizin – vor allem nach dem Befinden und nicht nach einem vergleichsweise abstrakten Laborbefund, der zudem nur die Untersuchung einer einzigen Körperflüssigkeit umfasst.

Die Suche nach den auslösenden Mechanismen zeigt dann vielleicht …

  • rote Punkte auf der Zunge als Hinweis auf infektiöse „Altlasten“
  • geschwollene Lymphknoten wie auch Schilddrüsenknoten als Zeichen von Schleim-Stagnation
  • je nach energetischer Situation veränderte Pulsbefunde.

Als TCM-Therapeuten erfassen wir v.a. die „Begleitmusik“ – hier können wir durch die Beurteilung des Gesamtsystems zu einer „klassischen“ TCM-Diagnose und den daraus resultierenden Strategien kommen.

Behandlung mit den Methoden der TCM und der Naturheilkunde

Akupunktur

Etliche Akupunkturpunkte haben sich im Rahmen von wissenschaftlichen Studien als wirksam erwiesen:
Di 4, 11, Ma 36, Gb 39, Mi 6, Du 14, Bl 11, Bl 20, Bl 23, Bl 24, Bl 25, Bl 26, Bl 27, Bl 28, Ren 12

Ist eine Verminderung der überschiessenden Immunreaktion erwünscht, hat Bl 47 eine herausragende Wirkung, bei Schwäche des „Systems“ oder einer Blockade des Immunsystems ist hingegen Du Mai 14 und Magen 36 angebracht – sie wirken z.B. fiebersenkend..

In meiner Praxis hat gerade bei Schilddrüsenproblemen der Punkt Bailao (EX-HN 15) seinen „festen Platz” im Behandlungskonzept: Nicht nur wegen seiner Lokalisation am „energetischen Flaschenhals” im Nacken, sondern auch als ausleitender Punkt. „Bai lao” bedeutet 100 Mühsale/Erschöpfungen.

Moxibustion

Tonisierend und auch regulierend auf das aus dem Gleichgewicht geratene Immunsystem wirkt die Moxibustion von:
dazhui (Du 14), shenshu (Bl 23) und mingmen (Du 4), shenzhong/qihai (Ren 6), zhongwan (Ren 12) und guanyuan (Ren 4).

Zum Kräftigen ist die flächige Anwendung, wie z.B. mit einem Moxakasten nötig. Will der Akupunkteur hingegen eher zerstreuen und ausleiten, so kann Reiskornmoxa auf diesen Punkten angebracht sein.

Ausleitung

Guasha, Schröpfen und Schröpfmassage können die Ausleitung von Pathogenen unterstützen. Grundsätzlich sind dabei eher kräftige Reize bis hin zu Hautreaktionen angebracht- vergessen Sie nicht den Patienten darüber aufzuklären!

Kräuter

Die Verordnung von chinesischen Arzneimitteln erfordert eine sehr genaue Beachtung der oben genannten „Begleitmusik”, z.B. haben Kräuter wie Huangqi eine sehr positive Wirkung auf das Immunsystem, wirken aber ebenso wie z.B. das ausleitende Chaihu anhebend – verbieten sich also in der Regel bei „hyperthyreoten” Symptomen. Als langfristige Folge der Autoimmunerkrankung – die zunächst „Hitze“ verursacht- ist das Yin, also die Substanz geschädigt. Das erfordert eine behutsame Strategie des Auffüllens.

Eigenblut und anderes

In meinen Praxen beziehe ich auch die Eigenblutbehandlung in das Konzept zur Behandlung von Hashimoto (und ebenfalls Morbus Basedow) mit ein. Auch als „reiner“ TCM-Therapeut sollte man grundsätzlich angesichts erst seit weniger Jahrzehnten bei uns bekannter Probleme wie den Autoimmunkrankheiten für andere Strategien offen sein – wie z.B. auch die Verabreichung homöopathischer Nosoden etc.. Und man sollte versuchen, das „Beste aus zwei Welten“ zu verwenden – so ist z.B. die kritische Beibehaltung westlicher Medikation zumindest vorübergehend durchaus angebracht und notwendig.

Der Verfasser Andreas A. Noll ist Autor zahlreicher TCM-Bücher.