In Deutschland gibt es einen Weg, um ohne Approbation medizinisch oder psychologisch zu arbeiten: Den Heilpraktiker. Dabei setzt der Beruf des Heilpraktikers das gleiche medizinische Grundwissen wie bei einem Medizinstudenten voraus. Der Unterschied beider Methoden, die sich letztlich ergänzen, liegt in der Betrachtungsweise des Menschen und dem Wunsch, nicht nur ein erkranktes Organ, sondern den gesamten Menschen mit Körper, Geist und Seele wiederherzustellen.
Heilen auf ganzheitlicher Basis
Als Heilpraktiker werden Personen bezeichnet, die die Heilkunde als Gewerbe ausüben, aber keine Approbation als Arzt oder psychologischer Psychotherapeut erlangt haben. Die Entwicklung dieses Berufes geht in der Zeitrechnung weit vor Christus zurück. Die bekannteste Person, die mit dieser Heilkunst in Verbindung gebracht wird, ist der Arzt Hippokrates. Er entwickelte die Ansicht, dass sich Erkrankungen nicht nur auf ein einziges Organ beziehen, weil der Mensch ein ganzheitliches Wesen ist. Um eine dauerhafte Heilung zu erzielen, betrachtete Hippokrates den Menschen mit seiner Vorgeschichte und in seinem persönlichen Umfeld.
Die populärste Heilmethode – die Homöopathie – ist auf Samuel Hahneman zurückzuführen, der das Konzept entwickelte, dass Ähnliches mit Ähnlichem zu heilen sei. Die Erfolge gaben ihm recht, auch wenn die Homöopathie von vielen immer noch als Placeboeffekt bezeichnet wird.
Gleiche Richtung, unterschiedlicher Ansatz?
Grundsätzlich möchte jeder Arzt seinen Patienten helfen, indem er Schmerzen lindert. Die Arbeit eines Heilpraktikers ist unterstützend zur Schulmedizin zu sehen, denn sie folgt einem anderen Ansatz. Behandlungsmöglichkeiten wie Akupunktur, Akupressur, Bachblütentherapie oder Hypnose gehören nicht immer zum Repertoire der Schulmedizin. Heilpraktiker sehen den Menschen aus ganzheitlicher Perspektive und versuchen, vom Symptom auf die Ursache zu schließen und diese zu heilen.
Besonders bei chronischen Erkrankungen erzielen Heilpraktiker große Erfolge. Ist die Ursache des Symptoms gefunden, sollen die Selbstheilungskräfte des Körpers aktiviert werden. Dadurch heilen Grunderkrankungen aus und der Körper findet zu seiner vollen Leistungsfähigkeit zurück. Hier geht es weniger um das schnelle Verschwinden des Symptoms. Als Heilpraktiker stellen Sie vielmehr die Frage, weshalb das Symptom entstanden ist.
Deshalb werden Patienten von einem Heilpraktiker oft langfristiger betreut. Gemeinsam wird nach dem Auslöser einer Erkrankung geforscht. Während sich der Allgemeinmediziner darum kümmert, akute Erkrankungen zum Abklingen zu bewegen, damit sich der Patient erholt, versucht der Heilpraktiker das Problem an der Wurzel zu packen – meist mit Hinblick auf die Tatsache, dass jahrelang eingenommene Medikamente zerstörerische Nebenwirkungen erzeugen.
Die eigene Praxis und der Arbeitsaufwand
Die meisten Heilpraktiker bauen eine eigene Praxis auf, die sich in ihrer Einrichtung meist deutlich von einer Arztpraxis unterscheidet. Dabei wird an das Wohlgefühl des Patienten appelliert und berücksichtigt, dass auch die Psyche des Menschen maßgeblich an einem Heilungsprozess beteiligt ist. Dabei sollten Sie beachten, dass Ihr Arbeitsalltag auch einen bürokratischen Anteil umfasst. Bei einer Selbstständigkeit müssen Sie sich um ordnungsgemäße Abrechnungen und Steuerzahlungen etc. kümmern. Diese Zeit muss zusätzlich zu Ihrer heilpraktischen Tätigkeit erbracht werden, sodass der Arbeitsalltag schnell sehr umfangreich werden kann.
Was werden Sie als Heilpraktiker verdienen?
Das Statistische Bundesamt bezifferte 2018 den durchschnittlichen Umsatz einer Heilpraktiker Praxis mit 82300 Euro. Nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG sind Heilbehandlungen von der Umsatzsteuer befreit. Im Gegenzug können Sie bei Material- und Arzneimitteleinkäufen dem Finanzamt gegenüber keine Vorsteuer geltend machen.
Ausbildung zum Heilpraktiker
Vorab sei gesagt, dass es keine zwingende Ausbildung gibt. Sie müssen eine schriftliche und eine mündliche Prüfung vor dem Amtsarzt beim Gesundheitsamt ablegen – wie Sie sich darauf vorbereiten, ist Ihnen überlassen. Sofern Sie noch keine Berührung mit der Medizin hatten, hilft Ihnen eine Ausbildung, um sich den medizinischen Stoff anzueignen. Die Durchfallquote bei der amtsärztlichen Prüfung ist sehr hoch, denn die Fragestellungen haben es trotz Multiple-Choice-Verfahren in sich. Häufig sind Mehrfachnennungen richtig, außerdem müssen Sie medizinische Zusammenhänge erschließen können, um die Fragen zu beantworten.
Sie können Ihre Ausbildung auf bestimmte Themenbereiche beschränken (wenn Sie sich schon zum Teil auskennen) oder Kurse buchen, die alle Themen behandeln. Dazu gehören u. a.:
- Anatomie
- Physiologie
- Pathologie
- Analyse und Deutung von Laborwerten
- Erstversorgung akuter Notfälle
- Injektion, Blutabnahme
- Klinische Befunderhebung
- Berufs- und Gesetzeskunde
- Allgemeine und spezielle Infektionslehre
Anatomie, Physiologie und Pathologie gehören zu den Ausbildungsschwerpunkten. Sie lernen, wo sich die menschlichen Organe befinden und wie diese abgetastet werden. Im Umgang mit dem Patienten werden Sie darin geschult, eine aussagekräftige Anamnese zu erheben. Diese ist wichtig, um den Ursachen der Probleme auf die Spur zu kommen und nicht nur die Symptome zu therapieren.
Ausbildung an einer Heilpraktikerschule
Absolvieren Sie die Ausbildung zum Heilpraktiker an einer Heilpraktikerschule, werden Ihnen z. B. bei einer Fernausbildung Skripten aller Themen zur Verfügung gestellt. So können Sie den Stoff selber erarbeiten, wiederholen und festigen. Bei Fachfragen steht Ihnen ein Tutor zur Verfügung. In den praktischen Unterrichtsstunden lernen Sie, eine Anamnese zu erstellen, Herztöne zu deuten und den Blutdruck zu messen.
Wie wird Blut abgenommen, wann muss ein Patient an die Schulmedizin übergeben werden, welche Behandlungen darf ein Heilpraktiker generell nicht ausführen (zum Beispiel Zahnbehandlungen und Geburtshilfe) und welche Spezialisierung streben Sie an – diese Fragen werden in der Lehrbriefen und auch in den Seminaren vor Ort geklärt. Neben diesen Themen bieten Heilpraktiker Schulen gesonderte Zusatzkurse an, um Ihnen eine Spezialisierung zu ermöglichen. Dazu zählen folgende Kurse:
- Akupunktur
- Ernährungsberatung und Lebensmittelverträglichkeit
- Heilpflanzenkunde
- Klassische Homöopathie
- Psychotherapie
- Sportmedizin
- Kinesiologie
- Bioresonanztherapie
- Lernen im eigenen Tempo
Der zeitliche Aufwand für die Vorbereitung auf die Heilpraktiker Prüfung variiert. Kommen Sie beispielsweise aus einem pflegenden Beruf, besitzen Sie Grundkenntnisse in der Anatomie, der Physiologie und der Pathologie. In diesem Fall können Sie meist schneller vorwärts kommen. Sind Sie mit der Medizin noch gar nicht in Berührung gekommen, sollten Sie per Fernlehrgang bei ca. 8 Stunden Lernzeit pro Woche ca. 2 bis 3 Jahre Vorbereitung einrechnen. Der Unterricht beinhaltet theoretisches Wissen sowie praktische Übungen. Wann Sie sich im Anschluss zur kostenpflichtigen Überprüfung anmelden, entscheiden Sie selbst. Sie sollten aber frühzeitig bei Ihrem zuständigen Gesundheitsamt nachfragen, da es oftmals Wartezeiten gibt, die auch schon einmal 2 Jahre betragen können.
Spezialist für Fachbücher aus Akupunktur, Traditioneller Chinesischer Medizin, Qigong, Naturheilverfahren, Homöopathie und Physiotherapie. Jährlich auf vielen, wichtigen Kongressen wie der TCM-Kongress in Rothenburg, dem ASA-Kongress und dem Tao-Kongress in Österreich vertreten. Seit Jahren Verlagsleiter eines Verlages für TCM, Akupunktur und Homöopathie.